Bühne, Brücken, Buchpakete
Produktbeschreibung
Wien erwies sich aufgrund seiner besonderen geopolitischen Lage zwischen den Machtblöcken des Kalten Krieges rasch als attraktiver Standort der internationalen Literaturvermittlung. Die erste Literaturveranstalterin der Stadt, die 1961 gegründete Österreichische Gesellschaft für Literatur (ÖGfL), machte sich den neutralen Boden Österreichs zunutze, um ihre literarischen Agenden zu verfolgen: Österreichische Literatur sollte in die Welt - und internationale Literatur in den Wiener Salon gebracht werden.In enger Zusammenarbeit mit Unterrichts- und Außenministerium wurden spezifische Strategien für das In- bzw. für das Ausland entwickelt: Veranstaltungen, Stipendien, Literaturpreise, Übersetzungen, Symposien etc. Gleich ob taktische Überlegungen zu Büchersendungen im Kalten Krieg, die Rückholung von Exilautor*innen (u. a. E. Canetti, E. Fried, J. Lind), Einladungen zum informellen oder öffentlichkeitswirksamen Austausch oder die Organisation von Reisen jenseits des Eisernen Vorhangs, die ÖGfL fand Wege und hatte gute Kontakte zu den mächtigen Kulturorganisationen des Kalten Krieges (u. a. Congress for Cultural Freedom, International Advisory Council).Im Zentrum dieser literatursoziologischen Institutionengeschichte steht nicht nur der Glanz der prominenten Veranstaltungen mit den namhaftesten Autorinnen und Autoren (W. H. Auden, Mary McCarthy, Imre Kertész etc.) der Zeit, sondern auch das Bohren harter Bretter in der täglichen Arbeit. Auf der Basis von umfangreichem, bisher unbekanntem Archivmaterial wird die Positionierung der ÖGfL im literarischen Feld ab Anfang der 1960er Jahre nachgezeichnet sowie ihre internationalen Agenden, Erfolge und Grenzen im Kontext der österreichischen Kultur- und Literaturpolitik bis 1990 analysiert. An einer Reihe von Einzelbeispielen und mittels einer systematischen Analyse werden die Vielfalt der Begegnungen und Netzwerke über die Ländergrenzen hinweg erkennbar. Die behandelten dreißig Jahre Geschichte der ÖGfL zeigen eine Praxis der Kommunikation und des Austausches, die sich in seltener Transparenz verfolgen lässt, denn das einzigartige Archiv der Institution ermöglicht eine spannende Spurensuche auf den Wegen der sowohl verdeckten als auch scheinwerferbeleuchteten internationalen Literaturvermittlung im Kalten Krieg.
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